Tanka-Wettbewerb (Jury-Wertung) - Einunddreißig - Das Forum für Tanka

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TANKA-WETTBEWERB
Redaktion: Tony Böhle & Birgit Heid & Valeria Barouch

Für den Tanka-Wettbewerb zur Feier der 50. Ausgabe des Magazins Einunddreißig hatten alle Teilnehmenden die Möglichkeit bis zu zwei Tanka einzusenden. Für Wettbewerbsbeiträge wurden anschließend in einer parallelen Einsender- und Jury-Wertung Punkte vergeben.
Bei der Jury-Wertung konnten die drei Redaktionsmitglieder (Tony Böhle & Birgit Heid und Valeria Barouch) jedes Tanka mit 0, 1, 2 oder 3 Punkten bewerten. Sieger der Jury-Wertung war das Tanka mit den meisten Punkten.


ERGEBNISSE DER JURY WERTUNG

1. Platz (9 Punkte)

eingewickelt
in deine stille Umarmung
nehme ich Abschied
während der Wind uns
die Worte vom Mund reißt
–  Christof Blumentrath


2. Platz (8 Punkte)

so dunkel vom Regen
dein blondes Haar
von deinem Scheitel
steigt der Duft
feuchter Wiesen
–  Stefanie Bucifal


3. Platz (7 Punkte)

nun da ich allein
mit mir selbst bin lausche ich
auf das Rauschen
der Stille in den Räumen
unseres Hauses
–  Brigitte Ten Brink


4. Platz (6 Punkte)

Besuch
in der alten Heimat
wehmütig
lasse ich sie quietschen
die Schwengelpumpe
–  Friedrich Winzer

heute schaut er
der gestern noch ein Knirps  war
lächelnd auf mich herab
und sagt: lass mal Oma
ich mach das
–  Brigitte Ten Brink

übervoll
mit Erinnerungen
mein leeres Haus
der alte Mann und das Kind
werfen nur einen Schatten
–  Christof Blumentrath

auch hinter Wolken
leuchten Mond und Sterne
ganz gewiss
kann ich nicht ergründen
deine wahren Gedanken
–  Silvia Kempen

so leichtfüßig
das Hüpfspiel der Mädchen
für einen Moment
um Jahre jünger
hüpfe ich mit
–  Silvia Kempen

Hitzeflimmern
über dem staubigen Feldweg
verblasst der Heuduft
nur die Schmetterlinge
sind noch wasserblau
–  Benjamin Bläsi

Nichts kann mich
vor meinem Spiegelbild schützen:
der abgerissene Rahmen,
der verbogene Nagel
erwidern meinen Blick.
–  Kati Mohr


5. Platz (5 Punkte)

Im blauen Himmelsquadrat
kreisen die Schwalben
Hirondelles flüstere ich
erinnere mich an Sommertage
in einem anderen Land
–  Cornelia Rossberg

knospender Garten –
die Mühen mit dem Manuskript
und hier
von Zauberhand vollzieht sich
alles wie von selbst
–  Angelica Seithe

auf der leiter
im sonnenwarmen
kirschbaum stehen
nicht wissen wohin
zuerst greifen
–  Marie-Luise Schulze Frenking


6. Platz (4 Punkte)

Ins Gras gesetzt,
zwischen Weiden, gegenüber
dem Dichterturm.
Die Wehmut im Lied des Vogels
höre nur ich.
–  Volker Friebel

der Straßenhund
vor etlichen Jahren in
mein Leben gelassen
ob wir uns beide noch nach
der alten Freiheit sehnen
–  Eva Limbach

Sonnenflirren
liegt über den Felsen
im Alpenstaub;
noch duftet es kühl
wo einst Gletscher wuchsen
–  Benjamin Bläsi


7. Platz (3 Punkte)

Von Vater und Mutter
bis hin zu Tochter und Sohn,
diese Kratzspuren
der Wut
und Liebe.
–  Kati Mohr

Ich reiste mit dir
zwanzig mal um die Sonne
und niemals zurück.
An jedem einzelnen Tag
drehten wir uns nur um uns.
–  Wolfgang Stock

die Art
wie er Gedichte schreibt
Li Bai
immer in dieser Stimmung
immer so betrunken
–  Deborah Karl-Brandt

Die verrückte Schönheit
des blühenden Buschs an der Mauer
spiegelt im Fluss.
Aus dem Krieg die Nachrichten:
spärlich.
–  Volker Friebel

Der Gewittersturm
trieb mich ins Cafè
nun sitze ich am Fenster
auf meiner Zunge entlädt sich
die Süße sizilianischer Dolci
–  Cornelia Rossberg

Schiefes Wegkreuz.
Nicht zu dicht heran,
etwas zur Seite …
bis es ihn berührt,
den fernen Kirchturm.
–  Dyrk-Olaf Schreiber

märchenhafte Nacht
Feuerzeugstimmung
sogar das arme Mädchen
mit den Streichhölzern
zündet sich noch eine an
–  Wolfgang Rödig

Störche klappern laut,
wenn ihnen ein Ei gelingt.
Public relations.
Auch in ihrem Gewerbe
gehört Klappern zum Handwerk.
–  Wolfgang Stock

irgendwo
ein Zimmer mit Aussicht
einen Monat lang
lebten wir nur
vom Azur
–  Stefanie Bucifal


8. Platz (2 Punkte)

zeitlos
eingeschlossen
im Bernstein
die Eintagsfliege
bis die Erde verglüht
–  Friedrich Winzer

Rotkehlchen, wie kannst du
so fröhlich singen?
In dieser Zeit.
Welch Glück,
dass du's tust.
–  Heike Stehr

zu viel gelacht
und zu wenig geweint
als könnten wir dem
unausweichlichen Winter
die Stirn bieten
–  Eva Limbach

Holunderblüten.
Die kleine Zeit am Strauch. Vom
Regenwind verweht.
   Über die Friedhofshecke
   schneien sie auf dich nieder.
–  Siegfried Schröder

das bleibt
in der Familie,
sagen sie
und verlangen,
dass ich schweige
– Pitt Büerken

am Morgen
verlässt er das Haus,
um Brotchen
vom Bäcker zu holen,
und kommt nicht mehr heim
–  Pitt Büerken

Kapuzinerkresse
waren Mutters Blumen
nun selber gesät –
vor ihrem Bild ein Sträußchen
aus eigenem Garten
–  Willemina Preiß

fragende Gesichter
in der Grundschulklasse
der Religionslehrer
erzählt vom Turm von Babel
draußen Baustellenlärm
–  Wolfgang Rödig

Die alte Nachbarin
deutet den Blick, sagt:
mein Schal, bunt,
aus der Zeit,
als ich noch Schmetterling war
–  Reiner Bonack

Küstenwind –
wild bläst er mir ins Gesicht
zerzaust Bart und Haar
benetzt meine Lippen
mit feinen Salzkristallen
–  Carl Achim Königsberg

der See ruht still
die Zeit verliert ihr Tempo
nur die Wellen
erinnern an die endlose
Bewegung des Lebens
–  Carl Achim Königsberg

Hand in Hand
zwischen meinem Mann
und seinem Avatar
ich brenne
von beiden Seiten
–  Gabriele Hartmann


9. Platz (1 Punkt)

wie er mich stört
der kleine Biss
dieser Ameise
ein weiterer Schmerz
den ich nicht loswerde
–  Deborah Karl-Brandt

Später Spaziergang.
Blätter, gefallen, knistern
im Neumondnebel.
   Auf dem Stubentisch wartet
   das aufgeschlagene Buch.
–  Siegfried Schröder

Affenhitze und
der Briefträger ein Smombie
er hört einfach nichts
und verpasst gerade
einen Magnum
–  Willemina Preiß

Morgenrunde
mein Hund vertreibt die Amsel
trinkt aus der Pfütze
ich bade zwischen Buchen
werfe Ballast ab
–  Helga Schulz Blank

Gewitter
der Kuckuck verstummt im Schilf
ihr Kanu dreht sich
der Wasserrastplatz noch weit
das Handy zittert
–  Helga Schulz Blank

ab Gartenzaun und  -tor
die privaten
die Weltenkriege
sicher und geschnürt
alten Neuauflagen zu
–  Dyrk-Olaf Schreiber

Ein Spatz
auf meiner Schulter, so klein
so ohne Gewicht
Ich hab ihn dennoch gern
Er kam zu mir
–  Angelica Seithe

die Ameisen
haben auf meinem Teller
nichts verloren
sie tun aber so
als ob
–  Marie-Luise Schulze Frenking

Hinter dem Zaun
von der schmalen Brücke spuckt
ein Junge Ringe in den Spiegel
eines kleinen Teiches
Weihnachtsglocken läuten
–  Reiner Bonack

Wiege der Menschheit
vergessene Hochkultur
Oase in der Wüste
in der Tiefe der Dünen
vergrabenes Geheimnis
–  Dario Schrittweise

Wiese der Störche
ein lauer Sommerabend
Lauschen der Stille
im Teich plätschert das Wasser
Klappern der Bewohner
–  Dario Schrittweise

zum Achtzehnten
ein selbstlenkendes Auto
und Vollkasko
der Teufel faltet
die Hände zum Gebet
–  Gabriele Hartmann

Herausgeber:
Tony Böhle
Bernsdorfer Str. 76
09126 Chemnitz
Deutschland
Redaktion:
Tony Böhle
Valeria Barouch
Birgit Heid
Mail: einsendung@einunddreissig.net
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