TANKA-AUSWAHL NOVEMBER 2023
Redaktion: Tony Böhle & Birgit Heid
Markus Becker
Auf dem langen Wegin der Morgendämmerungzur Arbeit –bremse ich abrupt.Die Ampel stand schon lange auf Rot.
Krähen über dem Friedhof,ohrenbetäubende Rufedringen in mein Ohr.Die Toten sollen schlafen,ich bin müde.
Benjamin Bläsi
gleichsamdas Herbstabendrot aufroten Wangendie Äpfel, die wir essenschmecken süßer noch
Wildgänseim Formationsflugunerreichbar fernüber welkenden Blätternund dem Duft von Äpfeln
Brigitte Ten Brink
perlender Tauan blassen Gräsernvon Tag zu Tagentfärbt sich die Welt mehrund das Leben wird schmäler
Stefanie Bucifal
lass es uns Liebe nennendieses Ringen umRecht Wahrheit Tisch Kammkeiner trifft diese Wahlbei klarem Verstand
leben:Tag für Tagdie werden, die ich binund dabei immer wenigeraussehen wie ich selbst
Kintsugi –eine Kunsthält mich zusammenBruchstelleninnere, äußere
Meditationen –die Hand führtden Rechen bisder Rechendie Hand führt
Pitt Büerken
der Obdachlosein der Kleiderkammer –mein alter Mantelpasst ihm wieangegossen
Frank Dietrich
diese Schaufensterpuppedie nichts trägtaußer einem Hutmir ist kaltund heiß zugleich
es wurde nie zahmhörte auf keinen Namenich entlassemein Totemtierin die Freiheit
eine Ameiseträgt den Flügeleines Schmetterlingsder Mensch der ich bin, und derder ich hätte sein können
hellblau mit weißen Sprenkelnso hatte ich siemir vorgestelltdie unscheinbarenEier der Lerche
Claus-Detlef Großmann
Dem Eimer am Hoftornoch einmalüber die Henkel streichenbevor du ihnschweigend ausgießt
Gabriele Hartmann
seit Stundenschreite ich berganendlicham Ziel bin icheinsamer als Gott
Deborah Karl-Brandt
ich sehne mich nachder Stimme meineslang verlorenen Freundesbäume, die einst in voller Blüte standenwie schnell sind sie verwelkt
Wolfgang Rödig
Schon wieder Weihnachten.Wie die Zeit vergeht!Familientreffenim alten Wohnzimmer.Die Liebsten hinter Glas.
Marie-Luise Schulze Frenking
die alte Lampemit ihrem warmen Scheinauf dem SchreibtischMutters Tagebucherzählt von mir
Angelica Seithe
die Schwalbenstürzen durchs Blau –Abendruhesinkt in meine Gliederwindstill, honigwarm
Friedrich Winzer
in memoriam ...das verlassene Nestgepolstertmit den letzten Haarenunseres Hundes
Reisenach Jerusalemunvergesslichihre Landungauf meinem Schoß
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