Ausgabe August 2020 - Einunddreißig

Einunddreißig
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Ausgabe Nr. 30 August 2020

Rezension

Tanka-Bilder / Foto-Tanka
  • Regen (Tony Böhle & Beate Conrad)

Tanka-Prosastücke

Tanka-Sequenzen

Mitteilungen

Tony Böhle

Editorial

Wissen Sie noch, was ein "Hackenporsche" oder ein "Hochzeitsbitter" ist? Was man unter einem "Tressenrock", "Zehrpfennig" oder "Wolfsrachen" versteht? Oder wofür man einen "Aufgebotsschein" braucht? Wenn Sie bei dieser Frage ins Schwitzen kommen, wie sonst nur Günther Jauchs Kandidaten bei der 1-Million-Euro-Frage, würde Ihnen in diesem Fall auch der aktuelle Duden nicht aus der Klemme helfen. Wie üblich wurden auch in der kürzlich erschienen neuen Ausgabe des Dudens wieder einige Wörter gestrichen, die in unserem allgemeinen Sprachgebrauch nicht mehr üblich sind. Auf der anderen Seite wurde die Ausgabe mit zahlreichen neuen Begriffen aufgestockt, wie Gendersternchen, Mikroplastik, Shutdown, Videobeweis, bienenfreundlich, Reproduktionszahl oder Geisterspiel. Ob diese jedoch dauerhaft in der deutschen Sprache Fuß fassen können – auch wenn sie uns in den letzten Monaten immer wieder begegnet sind –, wird sich noch zeigen müssen. Doch natürlich verschwinden Worte nicht einfach so, nur weil sie nicht mehr im Duden verzeichnet sind, genauso wenig, wie sie aus dem Nichts erscheinen. Schließlich stellt dieses Büchlein mit seinen inzwischen über 145.000 Einträgen ein Abbild unserer allgemeinen Lebensrealität wieder, erklärt deren Bedeutung. Dabei scheint es erstaunlich, dass der Duden eine verbindliche Rechtschreibung für alle Wörter angibt, die in ganz Deutschland anerkannt wird. Unsere Ahnen vor zwei, drei oder vier Jahrhunderten – sofern des Lesens und Schreibens mächtig – würden sich wohl wundern, eine "korrekte" Schreibung vorgegeben zu bekommen. Immerhin hat die Welt auch ohne solche Regulierungen funktioniert.
Trotz des Nutzens und aller Vorteile, die eine einheitliche Rechtschreibung gebracht hat, haftet ihr ein Geruch nach Regulierungswut, Ordnungswahl und Kleingeistigkeit an – so wie den meisten Regeln. Da wundert es nicht, dass besonders in kreativen Kreisen – trotz allen Wissens um die "Richtigkeit" – oft recht frei verfahren wird, besonders in der Lyrik.
Hand aufs Herz – haben Sie auch schon einmal einen Satzanfang in einem Tanka klein geschrieben, auf einen Punkt oder ein Komma verzichtet oder verweigern Sie sich ganz der reformierten Rechtschreibung? Auch was die äußere Form betrifft, stellt sich die Frage, wie viel Anarchie es sein darf, bis eine Form oder auch eine Tradition umkippt in Beliebigkeit. Was darf (es) also sein beim Tanka: die "klassischen" einunddreißig Silben in 5 Zeilen, das Schema kurz-lang-kurz-lang-lang oder etwas ganz anderes?
Diese Grenzen auszuloten lade ich alle Leser herzlich zu einer neuen Ausgabe von Einunddreißig ein.

Valeria Barouch

Das Tanka international Teil XVIII - Kala Ramesh

Kala Ramesh ist Dichterin, Redaktorin, Herausgeberin von Anthologien und Festivaldirektorin. Ihre Aktivitäten gipfelten 2013 in der Gründung von "INhaiku", einer Dachorganisation für indische Haiku-Dichter. Als führende Akteurin und Wegbereiterin der Haikai-Literatur in Indien war sie im Jahr 2019 mit ihrer Haiku und Haibun Anthologie "Beyond the Horizon Beyond" unter den 10 Finalisten für den  Rabindranath Tagore Literatur Preis. Sie erhielt ein Zertifikat für ihren hervorragenden Beitrag zur Literatur.
Im Juli 2021 wird bei HarperCollins ihre Sammlung "The Forest I Know" erscheinen, welche dem Tanka, der Tanka-Prosa und Tanka Dohe* gewidmet ist. Sie hat in Indien sechs Haiku-Konferenzen geplant und betreut... und das nächste Haikai-Literatur Event findet am 15. und 16. August statt: The First National Virtual Mahotsav: Triveni 2020!

*Kala Ramesh benennt Sequenzen von zwei Texten "Tanka Dohe" in Anlehnung an eine klassische indische Zweizeiler Lyrikform.

the om
on our front doors,
hers ornamental
and mine in plain wood
reveals us inside out
              GUSTS 31: spring/summer 2020

das Om-Zeichen
auf unseren Eingangstüren
dekorativ das ihrige
aus einfachem Holz das meine
gibt unser Innerstes preis
              GUSTS 31: spring/summer 2020

neighbour's chatter
through twilight hours
this sudden downpour
  and the weight
     of your absence

creating
an island for herself
every breaking wave
hits her
and her alone
             a tanka dohe

Kala Ramesh über Tanka Dohe:  "Sant Kabir, a 15th-century Indian mystic-poet-saint is famous for Dohe – couplets of 24 sound units. I found that in my own way I could pair two tanka together to tell a story in a more effective manner. "

Presence Haiku Journal: # 62

Nachbars Geplauder
durch die Dämmerstunden
dieser jähe Regenguss
  und das Gewicht
     deiner Abwesenheit

sie erschafft
eine Insel für sich selbst
jeder Wellenschlag
trifft sie
und nur sie allein
             ein Tanka-Dohe

Kala Ramesh zu Tanka-Dohe: "Sant Kabir war ein indischer Mystiker, Dichter, Heiliger aus dem 15. Jh. Er ist berühmt für seine Dohe - Zweizeiler mit 24 Toneinheiten. Ich fand, dass ich auf meine Art zwei Tanka paaren konnte um eine Geschichte wirksamer zu erzählen."

Presence Haiku Journal: # 62

autumn leaves
tapping at the window
waken my heart
to a rhythm that stirs
even my tired feet
              GUSTS 31: spring/summer 2020

Herbstblätter
klopfen ans Fenster
wecken mein Herz
zu einem Rhythmus der selbst
meine müden Füße rührt
              GUSTS 31: spring/summer 2020

set into motion
each raindrop            
                 races
towards becoming one
with its image in the pond
              GUSTS 31: spring/summer 2020

in Bewegung gesetzt
jeder Regentropfen
                beeilt sich
um eins zu werden
mit seinem Bild im Teich
              GUSTS 31: spring/summer 2020

it is possible
… I tell myself
to feel
the depth of the sky
from within me
              Skylark 6:2, Winter 2018

es ist möglich
… sag ich zu mir selbst
sie zu fühlen
die Tiefe des Himmels
aus meinem Innersten heraus
              Skylark 6:2, Winter 2018

worn out sandals
the cobbler finds them
difficult to mend
and I find them hard
to discard
              Loch Raven Review: Fall 2005

ausgetretene Sandalen
der Schuster findet sie
schwierig zu flicken
und mir fällt es schwer
sie wegzuwerfen
              Loch Raven Review: Fall 2005

draped in fragrance
the jasmine withers...
my breath
through the flute, cherishes
each note as it fades
              Eucalypt Tanka Journal: May 2007

von Duft umhüllt
verwelkt der Jasmin
mein Atem
durch die Flöte liebt
jede verklingende Note
              Eucalypt Tanka Journal: May 2007

surfing through
channels of thought
I tune into
the lingering memory
of mother's favourite saris
              Simply Haiku: November 2009

ich surfe durch
Gedankenkanäle
und schalte auf
verbleibende Erinnerungen
von Mutters Lieblingssaris
              Simply Haiku: November 2009

love
is an oasis
you say...
or does our thirst
play tricks on us?
              Simply Haiku: November 2009

Liebe
ist eine Oase
sagst du...
oder spielt der Durst
Streiche mit uns?
              Simply Haiku: November 2009

 
Übersetzt und veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Autorin.

Valeria Barouch & Tony Böhle

Tanka der Redaktionsmitglieder

Manchmal fürchte ich
dass es in unserem Leben
an Würze mangelt
nie spielen wir Krieg und Frieden
über offene Zahnpastatuben
               – Valeria Barouch

Am Fahrradlenker
schwingt – links, rechts, vor, zurück –
der Wocheneinkauf:
So schlingere ich voran
durch mein Studentenleben!
              – Tony Böhle

Die Wundercreme
ob sie hält was sie verspricht
zur Sicherheit
befrag' ich den Spiegel
in der dunklen Ecke
               – Valeria Barouch

Zum Valentinsstrauß
gesellt sich der Geruch
des Wassers.
Fraglos… diese Beziehung
fault bereits vor sich hin.
              – Tony Böhle

Valeria Barouch & Tony Böhle

Tanka-Auswahl August 2020

Aus den Einsendungen, die zwischen dem 1. April und dem 30. Juni 2020 eingereicht wurden, hat die Jury, bestehend aus Valeria Barouch und Tony Böhle, für die August-Ausgabe von Einunddreißig eine Auswahl von 32 Tanka getroffen. Jeder Teilnehmer konnte bis zu zehn Tanka einreichen. Die ausgewählten Texte stehen nachfolgend alphabetisch nach den Autorennamen aufgelistet. Die Jurymitglieder haben jeweils ein Tanka, das sie besonders angesprochen hat, hervorgehoben und kommentiert.

Valeria Barouch

Ein Tanka, das mich besonders anspricht

mein neuer Nachbar
wütet gegen alles
was er Unkraut nennt
er hat mir angeboten
meinen Garten zu pflegen
               – Erika Uhlmann
Wer an idyllischen Gärten vorbeispaziert, denkt kaum an das Konfliktpotenzial, das in so manchem Eden mitgedeiht. Bäume werden oft zum Stein des Anstoßes, wenn ihre Zweige nicht nur den Schatten auf der falschen Seite der Hecke spenden, sondern sich mit der Zeit auch in nachbarlichen Grundstücken breit machen oder die schöne Aussicht ihrem stolzen Wuchs weichen muss. Was des einen Freude ist und des andern Frust wird, endet nicht selten vor dem Richter.

"was er Unkraut nennt" dieses "nennt" hatte es mir beim ersten Lesen angetan. Was ist denn genau Unkraut? Im ersten Garten, nämlich dem der Bibel, ist die Sache klar. Adam soll Kraut vom Acker essen und Disteln und Dornen sollen ihm die Bewirtschaftung schwer machen. Unkraut galt wohl lange einfach als das Gegenteil von essbarem Kraut. Doch was wir heute als Unkraut ansehen hängt zum großen Teil davon ab, welche Art von Garten wir haben möchten. Heilpflanzen, die ihren Platz im Kräutergarten haben, werden sicherlich im Rosenbeet dem Jäten zum Opfer fallen. Löwenzahn wird als Nahrungs- und Heilmittel verwendet, doch auf dem englischen Rasen ist er nur noch ein störendes Wildkraut. Das echte Mädesüß, auch Wiesenkönigin genannt, enthält Substanzen, die wie Aspirin wirken, doch wenn es üppig wächst, wo wir es nicht wollen, bereitet es uns eher Kopfschmerzen als diese zu lindern. Wer nicht vom Ackerbau oder den Erzeugnissen seines Gartens lebt, beurteilt Pflanzen hauptsächlich nach Schönheitskriterien. Es werden Sträucher und Blumen gepflanzt, die unseren Augen schmeicheln, aber den Bedürfnissen der Natur nicht immer gerecht werden. So manches "Unkraut" im oder um das Blumenbeet herum, ist nützlicher als dekorative Blumen. Wer sich beklagt es gäbe keine Schmetterlinge mehr, sollte seinen Garten unter die Lupe nehmen. Insekten werden heimisch wo der Gärtner ein bisschen faul ist, wo es auch Plätzchen gibt für Wildkraut und der Rasen nicht regelmäßig millimetergenau gemäht wird.

Ob die Autorin dem Nachbarn die Pflege des Gartens anvertraut, geht aus dem Text nicht hervor. Doch dieses "nennt" lässt darauf schließen, dass sie sich der konfliktträchtigen Situation bewusst ist. Wer "wütet" ist vielleicht in der Wahl seiner Mittel nicht sorgsam genug und möglicherweise wächst nach seinem Wirken auch kein Kraut mehr.

Doch geht es in diesem Text überhaupt um Pflanzen? Segment 2 und 3 lassen noch eine weitere Interpretation zu. Wer hat nicht schon mal auf die Frage nach seinem Befinden, spaßhaft mit "Unkraut vergeht nicht" geantwortet. Der Gebrauch von Kraut, Unkraut, Übelkraut in Bezug auf Menschen, Benehmen und Ideen kann man in der Literatur über Jahrhunderte zurückverfolgen.
Plötzlich erhält das Verb "wüten" einen neuen Sinn und erscheint gegenüber Pflanzen etwas überspitzt. Wütet der Nachbar in Wirklichkeit gegen Menschen oder Meinungen, die ihm ein Dorn im Auge sind? Kürzlich konnten wir in den Medien über "Unkrautbekämpfungsmittel" lesen, wobei es nicht um Disteln und Dornen ging, sondern um Politik und Menschen.
Im Lichte der Aktualität eröffnen sich dem Leser in jedem Segment von Erika Uhlmanns Tanka verschiedene Interpretationsmöglichkeiten

Tony Böhle

Ein Tanka, das mich besonders anspricht

Verschnörkelte Schrift
verziert die Bibelseiten
seit tausend Jahren
die Geschichte der Schöpfung,
aufgezeichnet von Mönchen.
               – Ingrid Baumgart
Vielleicht hat der eine oder andere auch schon die Erfahrung gemacht, ein eigenes Buch zu veröffentlichen. Der Weg dahin ist auch heute noch – trotz aller technischer Hilfsmittel und Unterstützung durch Verlage und Editoren – recht beschwerlich: von der ersten Idee, über die Erarbeitung eines Manuskripts, das Lektorat bis hin zur Gestaltung können schnell ein paar Jahre vergehen. Dabei sind noch diverse Kleinigkeiten wie die Auswahl des Papiers, des Einbands usw. gar nicht erwähnt. Doch steht die Endfassung des Manuskripts erst einmal, geht es ganz schnell. Drucken, Binden und Ausliefern ist dann meist eine Frage von Tagen, denn von Wochen.
Um wie viel beschwerlicher es da bis zur Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern zugegangen ist, mag heute kaum noch vorstellbar sein. Vor ein paar Jahren besuchte ich die Bibliothek des Trinity College in Dublin. Dort befand sich eine Ausstellung zum Book of Kells (irisch Leabhar Cheanannais), einer im 8./9. Jh. gefertigten Sammlung der Evangelien. Das Buch mag vielleicht weniger beeindruckend sein, wenn man es sich nur als solches betrachtet. Doch wird einem der wahre Wert spätestens bewusst, wenn man die umfangreiche Präsentation zur Herstellung durchlaufen hat. Papier im Schreibwarenladen kaufen? Fehlanzeige… Das Pergament muss erst mühsam aus Tierhäuten hergestellt werden. Genauso wie Tinte und Schreibutensilien, ganz zu schweigen von den unendlich kostbaren Farben und Pigmente über weite Strecken erst herbeigeschafft werden mussten. Und was, wenn man sich verschreibt? Mit etwas Glück lässt sich ein solcher Fehler noch korrigieren, auch wenn man es dem Wort noch nach Jahrhunderten ansieht. Einige Schreibfehler wurden auch erst gar nicht bemerkt. Eine einmal beschriebe Seite einfach so entsorgen und neu beginnen, wäre ein riesiger Verlust an Material und Zeit gewesen. Selbst wenn es nur um das Kopieren einer bekannten Vorlage wie der Bibel geht, eine unendlich mühsame Arbeit, die Jahre, wenn nicht ein gar ein ganzes Leben, in Anspruch nahm.
Diese Schöpfungsgeschichte – im doppelten Sinne – setzt Ingrid Baumgarts Tanka in Szene. Zum einen ist wohl die wörtlich dargestellte biblische Schöpfungsgeschichte zu lesen. Zum anderen erzählt die "Verschnörkelte Schrift", welche die Bibelseiten "seit tausend Jahren" verziert die Geschichte ihrer eigenen Entstehung und damit auch ihrer Schöpfer. Sprachlich hervorragend herausgearbeitet ist auch das letzte Segment "aufgezeichnet von Mönchen", da dieses in seiner doppelten Bedeutung der schriftlichen Aufzeichnung der biblischen Schöpfungsgeschichte selbst, als auch der aufwendig gezeichneten und kolorierten Initialen, welche "die Bibelseiten" verzieren. Passend zum Inhalt des Tanka, ist auch seine Gestaltung in der 31-Silben-Form gewählt.

Valeria Barouch & Tony Böhle (Auswahl)

Die Tanka-Auswahl

Verschnörkelte Schrift
verziert die Bibelseiten
seit tausend Jahren
die Geschichte der Schöpfung,
aufgezeichnet von Mönchen.

                – Ingrid Baumgart

an der Maikrone
die verflochtenen Bänder
wie sie wirbeln
im Wind – wollen nichts wissen
von Abstandsregeln

                – Gabriele Hartmann

KEIN SCHNEE FIEL, WÄRMTE
deinen Schlaf, nachdem
die Erde dich aufnahm

Nun streut der Wind
Robinienblüten auf das Gras

                – Reiner Bonack

wie sie glänzen
die tiefroten Äpfel
in Nachbars Garten
schon strecke ich meine Hand
ganz Eva im Paradies

                – Silvia Kempen

mein alter Hund
kriegt fast 'nen Infarkt
wenn ich heim komm'
also bleib' ich zu Haus'
wo er mir zu Füßen liegt

                – Ralf Bröker

Streit mit Vater
ich klaube Stein um Stein
von meinem Weg
baue wieder kleine Männchen
für die große Familie

                – Silvia Kempen

sie fliegt entlang
des Wirtschaftsweges
weicht Traktoren aus
sammelt Nektar und etwas
Neonicotinoid

                – Ralf Bröker

Hanakotoba
die Blumensprache Japans
deine Leidenschaft
nur einmal möchte ich es
aus deinem Mund hören
               – Silvia Kempen

wo ich als Kind
im Gras von meiner Zukunft
träumte,
steht heut´ ein Möbelhaus,
kein Traum, nur blaues Blech

                – Pitt Büerken

zwei rechts, zwei links
er liebt mich, er liebt mich nicht...
und wieder zurück
das Flüstern der jungen Frau
bis der Faden endet
               – Silvia Kempen

achtzehnte Woche
die SPIEGEL-Bestenliste
abgearbeitet
in allen Zimmern schon
drei Mal die Möbel verrückt

                – Pitt Büerken

soviel
wollte ich dir erzählen
über die Nacht...
die Katze blinzelt träge
gähnt

                – Eva Limbach

Ristorante
nach langem Lockdown wieder
geöffnet
das Lokal besetzt wie
`ne karg belegte Pizza

                – Pitt Büerken

noch einmal wie damals
eine Haltestelle
zu weit gefahren
das rostige Gartentor
auch heute unverschlossen

                – Eva Limbach

Zweikofferportrait –
erst an-, dann abgestoßen
Ecken und Kanten
zweier Handlungsreisender
am Rande eines Bahnsteigs.

                – Beate Conrad

Über Untiefen
bretternde Wellenreiter
in weltweitem Netz.
So grenzenlos die Freiheit
der darin Gefangenen.
               – Wolfgang Rödig

Kaum ein Wort getauscht,
nur die Festplatte gerauscht
den ganzen Tag lang
immer im Kreis die Arbeit
windet sich in meinen Schlaf

                – Beate Conrad

in einer Pfütze
spiegelt sich der Vogelflug
während du
am Saum des Meeres wartest
auf ein Wort das leuchtet

                – Angelica Seithe

als Kind rief ich den Bergen
meine Freude
entgegen
ich warte noch heute
auf das Echo

                – Frank Dietrich

Ein grüner
Löwe liegt der Mai
vor meinem Fenster
so üppig
wuchs im Regen ihm das Fell

                – Angelica Seithe

ich träumte ich wäre
zur Salzsäule
erstarrt…
wann habe ich eigentlich
das letzte Mal geweint?

                – Frank Dietrich

Da stehst du
im Rahmen hinter der Kerze
wie eine Tochter
die mich geboren hat
vor fünfundsiebzig Jahren

                – Angelica Seithe

zwei Gleise
verlieren sich im Blau
des Horizonts
als träfen sie sich
im Unendlichen

                – Frank Dietrich

Schwimmen nach Vorschrift.
Nur mit Hygieneabstand.
Fisch müsste man sein.
Selbst im kleinsten Gartenteich,
das größte Freiheitsgefühl.

                – Petra Elvira Schulte

das Lächeln
der Zahnarzthelferin
für einen Moment
vergesse ich
warum ich hier bin

                – Frank Dietrich

als meine Mutter
so alt war wie ich jetzt
amüsierte mich
dass sie ihr Alter stolz
wie eine Siegesfahne trug

                – Erika Uhlmann

im alten friedhof
wogt das gras –
margeriten und tymian
dort wo die hügel
noch zu ahnen sind…

                – Ruth Guggenmos-Walter

an manchen Tagen
quält mich das Gefühl
wie angenagelt zu sein
Rat vom kleinen Gartenspatz
flieg mit deiner Phantasie

                – Erika Uhlmann

den super soaker
unterm arm
eine hollunderblüte
im haar –
der energische schritt des mädchens...

                – Ruth Guggenmos-Walter

vor achzig Jahren
hortet Oma’s Oma schon
Klopapier und Seife
in großer alter Truhe
verbrannt im Feuersturm

                – Erika Uhlmann

der gleiche Weg
wie damals... erscheint mir
heute länger
nun, da ich als Ameise
wiedergeboren bin

                – Gabriele Hartmann

mein neuer Nachbar
wütet gegen alles
was er Unkraut nennt
er hat mir angeboten
meinen Garten zu pflegen

                – Erika Uhlmann

Gabriele Hartmann
PLAYLIST - eine Rezension

Mein Mann bringt die heutige Post, wiegt einen mit Noppenfolie gefütterten Umschlag bedeutungsschwer in seiner Hand, überreicht ihn mir mit einer respektvollen Verneigung, einem angedeuteten Nicken – er hat den Absender bereits entziffert, ahnt, da ist ein Buch drin. Ich weiß, da ist das Buch drin: PLAYLIST, Tanka von Tony Böhle.
Ungeduldig zerren meine Finger am Papier, endlich halte ich es in der Hand: Kein DIN-Format – genauso wie ich es vom Verlag edition federleicht, FFM, kenne und erwarte. Schlank, hoch, soft, 84 Seiten, Fadenbindung, mit eingeschlagener Klappe vorn und hinten. Außergewöhnlich – wie die Aufmachung – auch das Cover: schwarz mit leuchtenden Farbspuren die sich über Vorder- und Rückseite ziehen: Lichtmalerei von Valeria Barouch. Der Titel PLAYLIST in akzentuierten, farblich abgestimmten Buchstaben. Der Klappentext: ein Ausschnitt aus der Rezension von Martin Thomas, die ich bereits auf einunddreissig.net gelesen habe. Dort werden Kapitel-Überschriften und Tanka zitiert, Tonys literarisches Werk beleuchtet, die Lichtmalerei Valerias beschrieben. Eine Huldigung an beide Personen, an beider Kunst, an das gemeinsame Werk.
Zuerst: ein Inhaltsverzeichnis, danach: Tonys Vorwort. Es informiert über die Gattung Tanka als Literaturphänomen und listet gelungene Tanka der Weltliteratur auf. Ein Literaturverzeichnis vervollständigt die Übersicht. Man erkennt: Tony ist es daran gelegen, sein Bild vom Tanka in die Welt zu tragen: "Eines jedoch ist es nie: eine blutleere Hülle aus 31 Silben."
Das Nachwort von Christian Skrey widmet sich dem Autoren, der Gattung Tanka und – ausführlich – Tonys Tanka. Dahinter beschreibt Valeria ihre Lichtmalerei. Verweist darauf, dass es dem Leser und Betrachter überlassen bleibt, Bild und Tanka zu vereinen.
Darauf komme ich zurück. Nochmal einmal werden die Protagonisten vorgestellt, dann folgt das Verlagsverzeichnis, aus.
Jetzt! denke ich und beginne, die Seiten 17 bis 63 zu inspizieren. 29 Seiten mit Tanka (jeweils 3 pro Seite), 10 Seiten Lichtmalerei. Köstlich: Tonys farbige Worte, delikat: Valerias sprechende Farbspuren. Ich schwelge in opulenten Bildern, seien sie im Tanka besungen oder in Farbe gegossen. Ich sehe Tony, den König und Valeria, die Zauberin, strahlend vor mir: changierend zwischen kesser Kunst und charismatischer Aura. Permanent höchste Qualität erringend, immer mindestens zwei Finger auf dem ultimativen Drücker.
Von Tony habe ich gelernt, dass es im Tanka keine "dritte Person" geben sollte. Und tatsächlich finde ich ihn selbst in jedem einzelnen seiner Tanka, ob er nun das Ich konkret benennt oder das lyrische Ich seine eigen(-artig)e Sichtweise darstellen lässt. In der anderen Waagschale allenfalls ein zweites Wesen: meist (s)eine Frau. Tonys Tanka fehlt jegliche Distanz. Sie sind so persönlich, so gefühlvoll, dass man sich fast ein wenig schämt, sie überhaupt lesen zu dürfen:

  umfasst behutsam
  ein angeschlagenes Ei
  mit beiden Händen...
  selbst als kinderlose Frau
  trägst du diese Liebe in dir!

Und als gleichgewichtiges Pendant zu Tonys schwerelos schwebenden Versen: Valerias zauberhafte Lichtmalerei!
Was den Betrachter tief berührt, ist eine ungeheure Spannung aus leuchtend farbigen Spuren – bei zwei Werken gespiegelt und abermals gespiegelt zum symmetrischen Vierteiler –, welche im Stil einer Collage mit Symbolen bestückt sind.
Woran erinnern mich diese Bilder bloß? Ach ja, ich weiß schon woran: an japanische Holzschnitte von Kiyoshi Hasegawa! Ein perfekt gelungener Brückenschlag zum modernen Tanka: progressiv und klassisch zugleich.
 Wer mehr lesen möchte, sei verwiesen auf Tonys Vorwort, Christian Skreys Nachwort, die Rezension von Martin Thomas und natürlich auf Tonys Tanka selbst in PLAYLIST.
Playlist. Tanka von Tony Böhle mit Illustrationen von Valeria Barouch. Frankfurt a. M.: edition federleicht 2020. 84 Seiten, 18,00 €. ISBN-978-3-946112-56-3.

Beate Conrad
Tanka-Prosa "Unter Gedanken"

wer versucht mich mit seinen grauen Zellen zu lokalisieren, als wir die Rolltreppe hinunterfahren. Doch ich entziehe mich ihm durch die gewundenen Gänge des eiförmigen Gebäudes. Und in diesen Gängen ist es gerade leicht zu entkommen. Zupft ihm ein anderer Teil simultan Töne eines Cellos ans Ohr und beschert ihm obendrauf eine Blickwanderung bis zum Rocksaum an der Dame entlang am U-Bahngleis

  spiegelnd im Fenster
  ein Herr von Reputation
  völlig konzentriert
  bis die Kurvendiskussion
  erfolgreich abgeschlossen

gleich bei der Abfahrt ohne Ansage öffnet er den blanken Verschluss seiner ledernen Tasche, wo auf einem Stapel Papier leblos in schwarz und stumm meine Verwandten weilen. Er hebt sie mit jedem Blatt ins Licht. Legt Kopf und Kinn schräg. Streicht bald mit seinen bebrillten Augen zärtlich über sie. Wägt sie hin und her. Er flüstert. Schon beginnen sie in seinem Atem zu leben. Ich erkenne sie. Höre sie, meine festgehaltenen Zwillingsbrüder. Bald dirigiert er sie mit einem schwarz spuckenden Stift mal hierhin und mal dahin übers Weiß. Dabei spitzt er seine Lippen. Ungläubig erwische ich mich dabei, wie ich auf einmal unter ihnen weile in seinem Blick. Daß ich auf meiner Flucht durch graue Zellen und bei all meinen von Synapse zu Synapse feuernden Sprüngen meine Identität ihm doch nicht verhehlen kann.

  Meine Brüder, mein Ich,
  wie wir zusammen schweben,
  im Tanze uns dreh'n
  zum Wort, zur Zeile, zum Satz, –
  gespenstisch diese Prosa.

  Eine Pfeife schrillt
  im U-Bahnschacht verloren
  etwas Mottenstaub
  fliegt noch einmal auf zum Licht
  Marionette und Meister.

Gabriele Hartmann
Tanka-Prosa "End-Zeit"

Kinder wie die Zeit vergeht

  heute ist Tag
  23483 meines Lebens
  doch – wie du mir
  glaubhaft versicherst –
  war ich früher klüger

so lass mich... möglichst viele Fehler machen

  nun lerne ich
  schon tagein tagaus
  bereitwillig hinzu
  doch auf den Fliesen im Bad
  liegen immer mehr Haare

bald werde ich alt sein und Geschichten erzählen können

  eine Menge Staub
  wirbelte ich auf – so schien mir
  doch hinterließ ich
  – bei genauer Betrachtung –
  Spuren im Wasser nur

mir scheint... ich habe vergessen wer ich bin

Horst Ludwig
Tanka-Prosa "Noch richtig fliegen"

Heutige Arbeit verlangt von manchen, daß sie auch fliegen, weit weg. Aber nur ganz wenige wohl fliegen auch mal nur relativ kurze Strecken, in abgelegene kleine Orte, wo sie dann jedoch was Wichtiges persönlich erledigen müssen, wo dann das Gepäck hinten sichtbar mit Stricken festgezurrt ist, hinter einem festgehakten Netz aus dicken Seilen. Die Anweisungen an die bis zu zwölf Fluggäste gibt der Kopilot ohne Mikrophon mit etwas lauterer Stimme und etwas uns zugedrehtem Oberkörper über seine Schulter hinweg, und sein Blick versichert ihn, daß wir alle richtig angeschnallt sind. Mein Blick geht frei vorn hinaus zwischen den Piloten in den Himmel, Mann, das ist keine Riesenbusfahrt in einem vollen Düsenflieger meist mit was mit kleinem Besteck zu essen und manchmal sogar in andere Zeitzonen und über markante Breitengrade einfach hinweg. In so einem Zubringer ist Fliegen doch noch richtiges Fliegen.

  Steigen durch Wolken
  weit ins noch klarere Blau,
  sinkende Sonne
  über reich goldrotem Wald
  laut prasselnde Propeller.

Stefanie Bucifal
Tanka-Sequenz "Lockdown-Tagebuch"


  Quarantäne
  in der Single-Wohnung
  die Tage schmecken alle gleich
  nach Instant-Nudeln und
  Dosenobst

  die Kreuzworträtsel
  längst gelöst
  die Ordner auf dem Laptop
  sortiert, wohin mit
  der Langeweile

  am Waschtag
  auf der Leine, isoliert
  zwischen Socken und Jogginghosen
  die Bluse
  für den Videocall

  bin ich einsam
  oder allein
  beim Scrollen durch die Kontakte
  vermisse ich
  niemanden

  Flirten mit Mindest-
  Abstand, wir lächeln
  nur mit den Augen
  er nimmt die Maske ab
  ich gehe weiter

  im Küchenschrank
  ein letzter Zwieback
  in den Läden längst ausverkauft
  ich teile ihn
  mit den Spatzen

  weitergezogen
  nur Krümel noch
  auf der Fensterbank
  ich aber bleibe
  hier

Haruhiko Ichinomura
Tanka-Sequenz "Heide"


1. 定まりて母として在るほほゑみの冷たき影に子らはおびゆる
    さだまりてははとしてあるほほえみのつめたきかげにこらはおびえる

Ein kalter Schatten
  auf dem Lächeln der Mutter
  ängstigt die Kinder
Die Mutter und ihre Kinder:
  ein unabwendbares Schicksal


2. 心なき身にも子らには母ならむ追ひて歩みし荒れ野の記憶
    こころなきみにもこらにはははならんおいてあゆみしあれののきおく

Für die Kinder
  war sie noch ihre Mutter
Die Erinnerung
  an die Heide, wo die Kinder
  umherwandern


3. 美しき心形に背を向けておのれの思ひ追ひかくる母
    うつくしきこころかたちにせをむけておのれのおもいおいかけるはは

Eine schöne Seele
  in einem schönen Körper
doch lebt die Mutter
  im Glauben,
  dass es anders ist


4. 花ひとつ咲ける荒れ野に春の風砂塵となりて青空おほふ
    はなひとつさけるあれのにはるのかぜさじんとなりてあおぞらおおう

Doch die Heide blüht:
  eine einzige Blume
  auf dem Sand
dann bedeckt der Wind
  den blauen Himmel mit Staub


5. 砂煙フウルの一つ踊り出づ「きれいはきたない、きたないはきれい」
    すなけむりフウルのひとつおどりいず「きれいはきたない、きたないはきれい」

Aus der Sandwolke
  hüpft ein Prophet
  ein Clown, ein Blender:
"Schönheit ist Schmutzigkeit!
  Schmutzigkeit ist Schönheit!"


6. 「右足を上げてそのまま左足大空高く蹴り上げろ」
    みぎあしをあげてそのままひだりあしおおぞらたかくけりあげろ

"Den rechten Fuß hinauf
  bleibe, bleibe so
Den linken Fuß auch
  trete, kicke, hoch
höher, höher bis zum Himmel"


7. お前たちフウルに合はせ、たつたつた、目耳塞げば聖なる踊り
    おまえたちフウルにあわせ、たったった、めみみふさげばせいなるおどり

Ihr, meine Kinder
  folgt unserem Herrn Clown
  tanzt, hüpft, eins, zwei, drei
tanzt den heiligen Tanz
  schließt die Augen, haltet die Ohren zu


8. 「ついて来い人を越えたるこの俺に見せてあげよう天国地獄」
    ついてこいひとをこえたるこのおれにみせてあげようてんごくじごく

"Haltet euch an mich,
  den Besten der Menschen
  mehr als nur ein Mensch:
Paradies, und auch Hölle
  werde ich euch zeigen"


9. 願ひごとかけてかなはぬ岩屋戸にゐならぶ人らフウルの信徒
    ねがいごとかけてかなわぬいわやどにいならぶひとらフウルのしんと

Ein langer Umzug
  von der Felsgrotte her
   Anhänger des Clowns:
ihr sehnlichster Wunsch
  ist zu einer Enttäuschung geworden


10. お前たち私に合わせ目を閉ぢて「思へば見ゆる幸せの国」
     おまえたちわたしにあわせめをとじて「おもえばみえるしあわせのくに」

Ihr, meine Kinder
  schließt die Augen so wie ich
  betet einmal, wünscht einmal
Das Herz steht im Land des Glücks:
  das Reich der Wahnvorstellung


11. 一人づつあやしきものを受け取りて指差す方へ歩まんとする
     ひとりずつあやしきものをうけとりてゆびさすほうへあゆまんとする

Jeder für sich
  nimmt etwas Verdächtiges;
  in Empfang
will noch weiter gehen
  in die angezeigte Richtung

12. 惑はされ石抱かされほほゑみてパンになるまで待つといふ母
     まどわされいしいだかされほほえみてパンになるまでまつというはは

Die strahlende Mutter
  mit dem Stein in den Armen
  lächelnd, nickt und
Sagt: ich warte und warte,
  bis er sich in Brot verwandelt


13. 余りにもあはれなるのに驚きて反論せぬを喜びてをり
     あまりにもあわれなるのにおどろきてはんろんせぬをよろこびており

Wie elend sie ist
  Das erschrickt mich doch
ohne Widerspruch:
  die Freude der Mutter,
das Schweigen des Sohnes


14. 四、六、時、繰り言ならべ迫りけり「石にはあらず石にはあらず」
     し、ろく、じ、くりごとならべせまりけり「いしにはあらずいしにはあらず」

Vier-mal-Sechs Stunden
  mit ständigen Klagen
  drängt sie die Kinder:
"Das ist kein Stein,
  das ist kein Stein."


15. 心にも遺伝子あらば我が持つこの深き青父母には因らず
     こころにもいでんしあらばわれがもつこのふかきあおふぼにはよらず

Hätten meine Seele
  auch eigene Gene:
  meine tiefe blaue Quelle
käme eigentlich nicht
  von Vater und Mutter


16. 我は我多く大きく失なひてここに立ちをりフウルを踏みて
     われはわれおおくおおきくうしないてここにたちおりフウルをふみて

Ich bin ich
  Vieles, Großes verloren:
Hier stehe ich
  trete den Clown mit Füßen
Das alles, nicht anders


17. 青き淵言の葉一つ潜みをり引き上げ刻むNOの二文字
     あおきふちことのはひとつひそみおりひきあげきざむNOのふたもじ

In der blauen Tiefe
  versteckt sich ein Wort
Ich hole es heraus
  ich graviere es ein:
Die vier Lettern "N-E-I-N"


18. 害なへる母性すべての人にいふ拒絶の言葉空に響けり
     そこなえるぼせいすべてのひとにいうきょぜつのことばくうにひびけり

Eine Absage
  an alle verunstaltete
  Mütterlichkeit
schallt hoch vergeblich
  in das Himmelsgewölbe


19. フウル消えて白き百合咲く荒れ野には母も棘もいづこにもなし
     フウルきえてしろきゆりさくあれのにはははもいばらもいずこにもなし

Auf der Heide
  darin der Clown sich verlor
  blühen weiße Lilien
Keine Mutter, keine Dornen
  sie sind nirgends zu finden


20. 無きといふ平和戻りてこの地平昇る満月黒き面影
     なきというへいわもどりてこのちへいのぼるまんげつくろきおもかげ

Kein Mensch, Leere
  wieder Frieden am Horizont
  Frieden des Nichts
Der Vollmond geht hoch auf
  dort nistet die Finsternis

Wettbewerbe, Termine und Veranstaltungen

Fujisan Tanka-Contest - Express your passion and love for Fujisan in a TANKA
Zum alljährlich stattfindenden Fuji-San-Tanka-Wettbewerb kann noch bis zum 20. September je Teilnehmer ein Tanka in englischer Sprache über den Mt. Fuji, mit Bezug zum Mt. Fuji oder Bergen allgemein eingereicht werden. Die Teilnahme ist kostenfrei. Alle weiteren Informationen zur Teilnahme, Bewertung und Verkündung der Sieger findet sich auf der nachfolgenden Webseite: http://fujisantaisho.com/index_english.html

2020 San Francisco International Competition
Die Vereinigung Haiku Poets of Northern California lädt Teilnehmer zur 2020 San Francisco International Competition herzlich ein. In den Kategorien Haiku, Senryu, Tanka und Rengay können noch bis zum 31. Oktober 2020 Beiträge eingereicht werden. Die Gewinner erwarten Geldpreise. Weitere Informationen finden sich auf der Webseite der Haiku Poets of Northern California: https://www.hpnc.org/submission-guidelines

nächste Ausgabe

Die nächste Ausgabe von Einunddreißig erscheint am 15. November 2020. Der Einsendeschluss ist der 30. September 2020. Für die Einsendung von Beiträgen bitte ich, die Teilnahmebedingungen zu beachten.

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